Diese Frage ist bei der Anlageklasse Aktien zentral. Wird über Aktien gesprochen, stehen meistens die schwankenden Kurse im Vordergrund. Jedem ist bekannt, dass mit Aktien Geld verdient werden kann. Jedoch ist die Angst vor Kursverlusten in der Schweizer Bevölkerung immer noch enorm. Unzählige Studien zeigen auf, dass verhältnismässig wenig Schweizer in Aktien investieren. Höchste Zeit diese Frage mit einem Experten anzuschauen.
Herr Kaufmann, weshalb glauben Sie an Aktien?
Wenn ich als Investor an Sachwerte wie Immobilien oder Gold glaube, dann gehören Aktien zwingend ebenfalls dazu. Schlussendlich sind Aktien die Verbriefung eines grossen Teils der weltweiten Wirtschaft. Läuft die Weltwirtschaft gut, dann profitieren Aktienanleger überdurchschnittlich, läuft die Weltwirtschaft schlecht, werden über kurz oder lang auch die anderen Anlageklassen unter Druck geraten.
Wie risikoreich sind Aktien nun wirklich?
Am besten schauen wir uns dafür den Kursverlauf des SPI (Swiss Performance Index, Anm. der Redaktion) der letzten 20 Jahre an. Der SPI gilt als Gesamtmarktindex für den Schweizer Aktienmarkt. Er enthält nahezu alle an der Schweizer Börse gehandelten Aktien mit Sitz in der Schweiz.
Kurs SPI
Wir entnehmen der Grafik, dass der Trend grundsätzlich steigend ist. Es gibt aber auch immer wieder Phasen mit sinkenden Kursen. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends gab es gleich zwei Phasen, bei welchen die Kurse über 2 Jahre lang negativ waren und insgesamt jeweils um mehr als 50 % gefallen sind. Zudem finden wir im Corona-Frühjahr 2020 einen einmonatigen Knick mit über 25 % Minus.
Dieses Bild finden wir bei allen gängigen Indizes. Auch andere Betrachtungszeiträume weisen ähnliche Muster auf. So finden sich im MSCI World Index, welcher seit 1969 geführt wird, in den Jahren 1973 und 1974 mit Einbussen von -17 % und -28 % die grösste Korrektur vor der Jahrtausendwende.
Und was bedeutet das konkret?
Ein langer Zeithorizont glättet kurzfristige Kursschwankungen aus. Dazu würde das berühmte Zitat von André Kostolany passen «Kaufen Sie Aktien und nehmen Sie Schlaftabletten…». Daher empfehlen wir bei Aktienanlagen einen Anlagehorizont von mindestens 10 Jahren, besser wären sogar 15 oder 20 Jahre.
Was ist aber, wenn eine bestimmte Aktie in Konkurs geht? Dann verlieren die Aktionäre ihren ganzen Einsatz.
Ja, das ist natürlich korrekt. Somit sind wir auch gleich beim zweiten wichtigen Punkt für Aktienanleger, nämlich der Diversifikation. Setze niemals alles Geld auf ein Pferd oder eben eine Aktie. Eine gute Diversifikation berücksichtigt unterschiedliche Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen. Auch macht es Sinn, wenn nicht alle Unternehmen in den gleichen Ländern exponiert sind. Wobei der Sitz der Unternehmung hier eher eine untergeordnete Rolle spielt. Viel wichtiger ist, wo das Unternehmen die Umsätze erzielt. Viele Schweizer Unternehmen erwirtschaften den grössten Teil des Umsatzes in der ganzen Welt. Für diese Unternehmen spielt der Verlauf der Schweizer Wirtschaft eine untergeordnete Rolle. Spannend ist, dass eine gute Diversifikation bereits mit 20 bis 30 verschiedenen Aktien erzielt werden kann. Es ist also nicht nötig in hunderte von Titeln zu investieren.
Weshalb verlieren Privatinvestoren trotz guter Diversifikation z.B. in Fonds immer wieder Geld?
Das Hauptproblem liegt darin, dass der Risikofähigkeit und vor allem der Risikoneigung nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Risikofähigkeit besagt, dass ich nur Geld investieren soll, welches ich nicht nächstens benötige. Hier sind wir wieder bei den bereits erwähnten mindestens 10 Jahren Anlagehorizont.
Das häufigere Problem ist jedoch die Risikoneigung. Bei der Grafik des SPI ist jedem klar, dass ein Aktieninvestment eine sinnvolle Sache ist. Die Abwärtsphasen sehen bewältigbar aus.
Die Realität ist aber oft eine andere. So kann ein Aktiendepot, welches im Jahr 2001 einen Wert von CHF 500’000 aufwies, bei einem Minus von 50 % bzw. einem Verlust von CHF 250’000 sehr beängstigend wirken. Dass da jemand die Nerven verliert ist nicht verwunderlich. Nur die Investoren, welche die Nerven nicht verloren haben, kommen schlussendlich in den Genuss einer guten Rendite. Deshalb muss jeder Investor für sich selbst entscheiden, ob er über die nötige Risikoneigung verfügt oder nicht.
Werden deshalb oft gemischte Anlagestrategien empfohlen? Die Obligationen im Depot helfen die Kursschwankungen zu reduzieren. Herr Kaufmann, wie ist dazu Ihre Meinung?
Das ist schlussendlich nur Kosmetik. Wenn ich dem vorher erwähnten Depot Obligationen im Wert von CHF 500’000 beigebe, dann verliert der Investor in den zwei schlimmsten Phasen zwar nur 25 %, in Franken umgerechnet sind es aber immer noch CHF 250’000. Für uns ist es viel zentraler das Gesamtvermögen gut aufeinander abgestimmt anzulegen.
Wenn ich nochmals Ihre Grafik anschaue habe ich das Gefühl, dass der Investitionszeitpunkt enorm wichtig ist. Ist das so?
Wenn ich zu einem einzigen bestimmten Zeitpunkt in meinem Leben mein Geld in Aktien anlege, dann ist der Investitionszeitpunkt enorm wichtig. Daher macht es Sinn, ein Depot über einen längeren Zeitraum aufzubauen. Viele unserer Kunden sparen den Grossteil des Kapitals im BVG an. So kann beispielsweise eine wertschriftenbasierte BVG-Lösung sinnvoll sein. Baut jemand sein Vermögen mit nominellen Anlagen auf und bezieht das Kapital erst im Pensionszeitpunkt, dann kann z.B. ein gestaffelter Bezug der Vorsorgegelder (BVG und 3a beider Eheleute) über mehrere Jahre hinweg mit teilweiser Investition in Aktien spannend sein. Wichtig ist, dass dies im Vorfeld seriös geplant wird.
Eine Aktieninvestition im Pensionszeitpunkt? Was ist mit dem von Ihnen erwähnten Anlagehorizont?
Viele unserer Kunden verfügen über Vermögen, welches sie in Ihrem Leben nicht mehr aufbrauchen werden. Das Geld ist bereits für die nächste Generation bestimmt und weist daher oftmals einen Anlagehorizont von 20 bis 30 Jahren auf, was ideal für ein Aktieninvestment ist.
Ihr Fazit?
Viele Schweizer hätten die Risikofähigkeit in Aktien zu investieren, sind aber oftmals sehr zögerlich. Gerade für jüngere Personen drängt sich ein regelmässiges Sparen in Aktienanlagen auf. So spielt der Investitionszeitpunkt eine untergeordnete Rolle, da ich mal «teuer» mal «günstig» kaufe. Dazu haben wir viele spannende Angebote, welche auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt sind. Gerne erstellen wir gemeinsam ein Risikoprofil und definieren mit Ihnen zusammen eine langfristige Anlageplanung.
Zur Person
Sergio Kaufmann, 49, ist in der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat der Roth Gygax & Partner AG. Seine langjährige Tätigkeit im Finanzbereich gepaart mit täglichem Kundenkontakt geben ihm ein gutes Gespür für die Kundenbedürfnisse. Profitieren auch Sie von diesem Know-how.