Wer eine Praxis eröffnen oder übernehmen will, benötigt eine Reihe von Versicherungen. Nebst einer Berufshaftpflicht-, einer Rechtsschutz- oder einer Sachversicherung gilt es auch das Personal sowie die Praxisinhaberin oder den Praxisinhaber umfassend abzusichern. Ein wichtiges Element in diesem «Absicherungspuzzle » stellt die Pensionskasse dar. Was es hierbei zu beachten gilt, wollten wir von Herr Sergio Kaufmann, Vorsorge- und Finanzplanungs-Spezialist wissen.
Herr Kaufmann, warum ist eine Pensionskasse bei der Praxisgründung oder -übernahme wichtig und empfehlenswert?
Die Praxisinhaberin resp. der Praxisinhaber wird einerseits auf einmal zum Arbeitgeber und muss alle Angestellten mindestens gemäss den gesetzlichen Vorgaben versichern. Nebst der Anmeldung bei einer AHV-Ausgleichskasse wird eine obligatorische Unfallversicherung (UVG) und ab einem Jahreseinkommen von CHF 21’330 auch ein BVG-Anschluss benötigt. Anderseits wechselt die Ärztin resp. der Arzt häufig aus einer Anstellung in eine Selbstständigkeit. Die bisher vom Arbeitgeber gewährten Deckungen fallen weg und die persönliche Vorsorge muss selbst organisiert werden. Es gilt hier den notwendigen Schutz bei Erwerbsunfähigkeit zu versichern, die Hinterbliebenen bei einem Todesfall abzusichern und das eigene Alterssparen nicht ausser Acht zu lassen. Der Anschluss an eine Pensionskasse bietet dafür eine attraktive Möglichkeit.
Worauf sollte man bei der Wahl einer Pensionskasse für die Angestellten Acht geben?
Grundsätzlich lohnt sich ein Vergleich der Risiko- und Verwaltungskosten. Da die Beiträge in der Regel paritätisch, also je zur Hälfte, finanziert werden, profitiert sowohl der Arbeitgeber von tieferen Lohnnebenkosten wie auch die Arbeitnehmenden von einem höheren Nettolohn. Zudem sollte der Anschluss bei einer soliden Pensionskasse erfolgen. Es lohnt sich z. B. den Deckungsgrad zu prüfen, ein Auge auf das Verhältnis zwischen aktiv Versicherten und Rentnern zu werfen oder die Verzinsung des Altersguthabens der letzten Jahre anzuschauen. Die Interpretation solcher Kennzahlen ist oft nicht so einfach, weshalb sich die Beratung durch einen Spezialisten empfiehlt.
Welche Möglichkeiten bieten sich selbstständigerwerbenden Ärztinnen und Ärzten, sich in einer Pensionskasse zu versichern?
Hier gibt es drei Möglichkeiten: Der Anschluss bei der Pensionskasse des Personals, ein Beitritt zur Stiftung Auffangeinrichtung oder eine Versicherung bei einer Stiftung des eigenen Berufsverbands. Die Stiftung Auffangeinrichtung ist nicht attraktiv und dient unter anderem für Personen, die sonst keinen Anschluss finden. Bei einem Anschluss bei der Pensionskasse des Personals sind die Wahlmöglichkeiten des Vorsorgeplans eingeschränkt, da in der Regel die gleichen Leistungen und Sparbeiträge wie beim Personal vereinbart werden müssen. Daher empfiehlt sich oft eine Versicherung über eine Verbandsvorsorgestiftung. Wir pflegen eine langjährige Partnerschaft mit den Verbandsstiftungen der Ärzteschaft und können unsere Kundschaft dahingehend umfassend beraten.
Spielt die Gesellschaftsform der Arztpraxis bezüglich Pensionskasse eine Rolle?
Ja, weil bei Arztpraxen in Form einer juristischen Person wie AG oder GmbH die mitarbeitenden Inhaber auch als Angestellte gelten und daher auch dem Versicherungsobligatorium unterstehen. Sofern mehrere Ärzte gemeinsam eine Praxis führen, gilt es zudem die individuellen Vorsorgebedürfnisse unter einen Hut zu bringen und sich für eine gemeinsame Lösung zu entscheiden, was nicht immer ganz einfach ist. Zudem besteht bei einem Wechsel von einer Anstellung in eine Praxis-AG (oder GmbH) oft keine Möglichkeit, das bisherige Vorsorgeguthaben zu beziehen.
Können Sie das näher erläutern?
Im klassischen Fall bei einem Wechsel von einer Anstellung zu einer selbstständigen Tätigkeit empfiehlt es sich aus steuerlichen Gründen oder z.B. für eine Praxisfinanzierung das bisherige BVG-Guthaben zu beziehen. Das Gesetz sieht diese Möglichkeit vor, jedoch eben nur für die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit. Die Gründung einer AG beispielsweise führt zu einer Anstellung, wodurch das Guthaben nicht bezogen werden kann.
Zum Schluss, welchen Tipp haben Sie für angehende Praxisgründerinnen und Praxisgründer?
Der grösste Teil des Vorsorgeguthabens landet in der Regel früher oder später bei einer Pensionskasse. Lassen Sie sich daher von Anfang an unabhängig beraten, um die Weichen frühzeitig richtig zu stellen. Das Netzwerk von FMH Services ist dafür ein zuverlässiger und vertrauenswürdiger Partner.