Einzelpraxis, Praxisgemeinschaft, Infrastrukturnutzungsvertrag. Es existieren inzwischen zahlreiche Organisationsformen von Praxen, welche den Ärzten verschiedene Vor- und Nachteile bieten. Eine der Herausforderungen ist, in der gewählten Struktur das Haftungsrisiko zu erkennen und in der Berufshaftpflicht-Versicherung korrekt abzudecken. Der folgende Leitfaden bietet Ihnen einige Überlegungen zu den häufigsten Praxisformen.
Ausgangslage
Unbestritten besteht das grösste Haftungsrisiko bei einem Behandlungsfehler und den Folgen, die daraus entstehen können. Hier gilt der Grundsatz, dass der Rechnungssteller der Behandlung auch für das Ergebnis einzustehen hat. Daneben gibt es verschiedene Nebenbereiche, in welchen es auch zu einer Haftung führen kann. Dazu einige Beispiele:
- Praxisräumlichkeiten: Ein Patient stürzt unglücklich und verletzt sich dabei.
- Personal: Die Mitarbeiterin verwendet nicht sterilisierte Gerätschaften. Es kommt zu einer Entzündung.
- Geräte: Mit dem eigenen Laborgerät werden falsche Messwerte abgelesen.
In diesen Beispielen stellt sich schnell die Frage, wer die Verantwortung trägt und dementsprechend in der Haftung steht. Für eine Beurteilung müssen wir die rechtliche Struktur einer Organisation genau betrachten.
Einzelpraxis
Der Arzt ist selbständigerwerbend und geht den Behandlungsvertrag direkt mit dem Patienten ein. Sein Personal beschäftigt er direkt und verfügt auch selber über die medizinaltechnischen Geräte. Der Arzt trägt somit alleine das ganze Haftungsrisiko, wobei dies über die Berufshaftpflicht-Versicherung versichert wird.
Praxisgemeinschaft
Mehrere Ärzte schliessen sich zu einer Praxisgemeinschaft zusammen, rechnen Ihre Behandlungen aber nach wie vor als Selbständigerwerbende ab. Die Gemeinschaft beschäftigt das Praxispersonal und mietet gemeinsame Räumlichkeiten. Die Gemeinschaft ist keine eigenständige juristische Person und wird als einfache Gesellschaft betrachtet, wobei die Ärzte solidarisch (unbeschränkt) haften.
Die Berufshaftpflicht-Versicherung deckt nun grundsätzlich das Behandlungsrisiko des Arztes. Die einfache Gesellschaft sollte aber unbedingt diese Police mitversichert werden, um bei einem Schadenfall (siehe oben stehende Beispiele für Nebenrisiken) keine Unklarheiten über die Verantwortung zu haben. Grundsätzlich empfehlen wir den Abschluss einer Police für die Gemeinschaft mit der namentlichen Aufführung der einzelnen Ärzte. So ist die Haftung der Gemeinschaft und der einzelnen Ärzte zentral geregelt und es stellt sich im Schadenfall keine Frage der internen Zuständigkeit.
Gemeinschaftspraxis
Bei einer Gemeinschaftspraxis handelt es sich um eine juristische Person in Form einer AG oder GmbH. Die Ärzte sind angestellt und die Behandlungsverträge gehen die Patienten mit der Praxis ein. Die AG oder GmbH stellt auch das Praxispersonal an, mietet die Räumlichkeiten oder schafft notwendige Geräte an.
Die Haftung liegt somit bei der Gemeinschaftspraxis. Es wird eine Berufshaftpflicht-Versicherung abgeschlossen, in welcher alle Ärzte und Assistenten aufgeführt und versichert werden.
Infrastrukturnutzungsvertrag
Wenn sich mehrere Ärzte mit einem Infrastrukturnutzungsvertrag zusammenschliessen stellt in der Regel eine Partei den anderen entgeltlich Apparate, Personal oder Räume zur Verfügung. Ein Arzt wird somit zum Infrastruktur-Verleiher, während die anderen diese Infrastruktur anleihen. Beide Eigenschaften werden durch unsere Berufshaftpflicht-Versicherung gedeckt. Alle Ärzte verfügen über eigene Abrechnungsnummern und über eigene Berufshaftpflicht-Versicherungen worin die Infrastrukturnutzung mitversichert ist.
Vorsicht besteht bei separaten Infrastruktur-Unternehmen in Form einer juristischen Person, welche Personal anstellt oder Geräte anschafft und betreibt. Obwohl über diese Infrastruktur-Unternehmen keine Behandlungen abgerechnet werden, besteht hier eine zusätzliche Rechtspersönlichkeit, die auch haftbar gemacht werden kann. Dementsprechend muss für diese Firma auch eine Berufshaftpflicht-Versicherung abgeschlossen oder diese in den einzelnen Verträgen mitversichert werden.
Haftungsrisiko: Stolpersteine im Alltag
Wir befinden uns in einem ständigen Wandel. So begleiten wir täglich Zusammenschlüsse einzelner Ärzte oder auch Auflösungen von bestehenden Strukturen. Es gilt dabei, die Versicherungen laufend an die neuen Begebenheiten anzupassen. Leider kennen viele Allround-Berater diese Einzelheiten nicht. Gehen Sie keine unnötigen Risiken ein und vertrauen Sie auf die Beratung eines Spezialisten.
Überblick
Praxisform | Status Arzt | Behandlungsvertrag | Personal/Geräte |
Einzelpraxis | selbständig | Arzt – Patient | bei Arzt |
Praxisgemeinschaft | selbständig | Arzt – Patient | bei Ärzte-Gemeinschaft |
Gemeinschaftspraxis | angestellt | Praxis – Patient | bei AG/GmbH |
Infrastrukturnutzungsvertrag | selbständig | Arzt – Patient | bei Infrastrukturverleiher |
Dieser Artikel wurde zudem im FMH Services Newsletter September 2017 publiziert und kann hier downgeloadet werden.